Der Pflegepreis 2025, den die Pflegekammer NRW vergeben hat, widmet sich der Ethik in der Pflege. Sonja Wolf und Hildegard Huwe aus dem Alexianer St. Remigius Krankenhaus Opladen haben in der Jury die Wahl des Siegerprojektes ehrenamtlich begleitet.
Meist sind wir uns ethischer Fragen gar nicht bewusst – ganz gleich ob privat oder im beruflichen, pflegerischen Alltag. Wir handeln einfach, folgen unserem Bauchgefühl, übernehmen erlernte Werte und Normen, die – ganz selbstverständlich –unser Handeln bestimmen. Aber darf das, was wir als gut und richtig empfinden, der Maßstab für Entscheidungen im pflegerischen Alltag sein? „Gefühle sind oft der Auslöser für ethisches Reflektieren, liefern aber keine Begründungen“, sagt Hildegard Huwe, katholische Seelsorgerin am Alexianer St. Remigius Krankenhaus Opladen. Vielmehr brauche es eine methodische Herangehensweise.
Pastoralreferentin Hildegard Huwe ist Trainerin für Ethikberatung und hat über 20 Jahre Erfahrung in der Ausbildung von Moderatoren für Ethische Fallbesprechungen, einem Instrument der Entscheidungsfindung. Die Jury des Pflegepreises, der in diesem Jahr Ethik-Projekte in der Pflege auszeichnen sollte, holte Hildegard Huwe als Beraterin hinzu. „Um den ethischen Blick auf die Projektskizzen zu schärfen und methodisch zu bewerten“, sagt Sonja Wolf, die der Jury als Mitglied der Pflegekammer NRW vorsaß. Denn, so die Leiterin des pflegerischen Flexpools im Alexianer St. Remigius Krankenhaus und Vorstandmitglied der Pflegekammer, so methodisch die Ethik arbeite so sollte auch die Entscheidung über den Pflegepreis fallen.
Beide haben die Aufgabe gern übernommen. „Es ist wichtig, die Ethik ins Blickfeld zu holen, gerade auch durch ein solches Festereignis“, sagt Hildegard Huwe. Ethik sei nichts Kompliziertes. Ethik fragt, hinterfragt. Ethik hilft Entscheidungen, gute, weitreichende unter Einbeziehung des Patientenwillens zu treffen und sie zu begründen. Ethik lädt zur Verständigung ein.
Ethische Fragen in Kliniken und Senioreneinrichtungen sind vielfältig. Es geht um Ethik, wenn Menschen am Ende ihres Lebens nicht mehr essen wollen und über die Ernährung über eine Sonde nachgedacht werden muss. Es geht um Ethik, wenn im Raum steht, ob bei einem Schwerkranken die Therapie beendet werden soll. Es geht um Ethik, wenn entschieden werden muss, wer verlegt wird, wenn alle Betten der Intensivstation belegt sind.
Ein Instrument, Entscheidungen für gutes Handeln zu treffen und zu begründen, ist die Ethische Fallbesprechung, die Hildegard Huwe ganz praxisnah während ihres Impulsvortrags bei der Festveranstaltung zur Verleihung des Pflegepreises vor gut 200 Gästen – unter ihnen Kammerpräsidentin Sabine Postel und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann – vorstellte. Alle Beteiligten kommen zusammen und versuchen, möglichst alle medizinischen, pflegerischen, sozialen und weltanschaulichen Aspekte der Patientinnen und Patienten in den Blick zu nehmen. Es darf kontrovers diskutiert werden. Am Ende wird ein Votum mit Argumenten erarbeitet. „Das hilft allen an der Behandlung Beteiligten, auch den Angehörigen, sie mitzutragen“, sagt Sonja Wolf, die lange auch im Opladener Ethikkomitee aktiv war.
Wir leben in einer pluralistischen Welt, existenzielle Fragen werden früher und auch offener gestellt. „Daher ist die methodische Herangehensweise der Ethik noch drängender geworden“, so Sonja Wolf, die sich freut, dass gerade dieses Thema in den Fokus des Pflegepreises gerückt wurde. Wie umfassend und selbstverständlich die Ethik in den Pflegealltag integriert werden kann, zeigt das Gewinnerprojekt des Christopherus St. Elisabeth-Stifts in Nottuln. Das ganzheitliche Palliativ-Konzept berücksichtige nach Auffassung der Jury die Individualität der Bewohnerinnen und Bewohner sowie ihrer Angehörigen in besonderem Maße, gehe sensibel mit den Themen Tod und Sterben um und schütze die Würde der Menschen.